MEDIFISCH

Fischtherapie: Studie der Universität Wien

Ichthyo-Therapie als alternative Behandlung für Patienten mit Psoriasis: Eine Pilotstudie

Martin Grassberger und W. Hoch Medizinische Universität Wien Sensengasse 2, A‑1090 Wien, Österreich

Übersetzung von Passagen des engli­schen Origi­nal­textes durch das Psoriasis-Netz. Veröf­fent­li­chung mit Erlaubnis von Dr. M. Grass­berger, Wien

Die Ichthyo-Therapie mit den so genannten „Doktor­fi­schen aus Kangal“ (Garra rufa) hat sich bei Patienten mit Psoriasis in den heißen Quellen des türki­schen Orts Kangal als wirkungsvoll erwiesen. Unsere Studie bewertet die Wirksamkeit und Sicherheit der Ichthyo-Therapie in Verbindung mit kurzzei­tiger UVA Bestrahlung bei der Behandlung von Psoriasis unter kontrol­lierten Bedin­gungen. Die Auswer­tungen basieren auf 67 Psoriasis-Patienten. Die haben sich drei Wochen einer Ichthyo-Therapie unter­zogen. Sie wurden zwischen 2002 und 2004 ambulant in einer Einrichtung in Nieder­ös­ter­reich behandelt.

Die wesent­lichen Unter­su­chungs­größen sind folgende: Der relative Rückgang des PASI- Wertes, d.h. wie hoch ist der Anteil der Patienten mit einer Verbes­serung ihres PASI – Wert von ≥ 75% (PASI-75) und von ≥ 50% (PASI-50)? Das Ergebnis aus Sicht der Patienten anhand eines patien­ten­ori­en­tierten Frage­bogens. Ein weiterer Frage­bogen vom März 2005, um die Stabi­lität des Ergeb­nisses zu überprüfen. Die Sicherheit wurde beurteilt, indem man Neben­wir­kungen und bedeu­tende Anzeichen abfragte.

Insgesamt verrin­gerte sich der PASI-Wert durch­schnittlich um 71,7 % gegenüber dem Ausgangswert. Von den 67 Patienten der Studie erzielten 31 (46,3 %) einen PASI-75. 61 Patienten (91%) hatten nach der Studie einen verbes­serten PASI von mindestens PASI-50. Die Patienten waren ausdrücklich sehr zufrieden mit der Behandlung.

Im Durch­schnitt waren die Patienten 8,58 Monate erschei­nungsfrei. 95% der Patienten waren zwischen 6,05 und 11,11 Monate ohne störende Hauter­schei­nungen. Die Patienten wurden darum gebeten, die Ichthyo-Therapie mit anderen zu vergleichen, die sie vorher auspro­biert hatten. 87,5 % waren der Meinung, dass die Ichthyo-Therapie bei ihnen zu besseren Ergeb­nissen geführt hat. 65 % gaben an, dass nach Ende der Erschei­nungs­freiheit ihre Psoriasis weniger stark wieder aufge­treten ist, als vor der Behandlung. Es gab keine bedeu­tenden nachtei­ligen Vorfälle.

Die Studie zeigt, dass die Ichthyo-Therapie eine brauchbare Behand­lungs­mög­lichkeit für Patienten mit Psoriasis ist, die zusätzlich ein hohes Sicher­heits­profil aufweist.

Eine der ungewöhn­lichsten, alter­na­tiven Behand­lungs­mög­lich­keiten bietet der so genannte „Doktor­fisch von Kangal“, einem Ort in Anatolien (Zentral-Türkei). Diese Behandlung wurde zuerst in „The Lancet“ 1989 erwähnt. Aber die Details der Behandlung wurden erst vor kurzem von Ozcelik et al. veröf­fent­licht. Nach Ansicht der Autoren leben in den Becken der heißen Quellen von Kangal zwei unter­schied­liche Fisch­arten: Cyprinion macrostomus und Garra rufa. Beide Fische gehören zur Familie der Karpfen und Minnows (kleiner Fisch) (Cypri­nidae).

Garra rufa wird als Haupt­the­rapeut betrachtet. Diese Fischart lebt norma­ler­weise am Boden. Dort saugt sie sich am Felsen mit ihrem unteren, sichel­för­migen Maul fest und lebt von Pflanzen- und Tierplankton. In den heißen Pools von Kangal sind aber Pflanzen- und Tierplankton knapp. Deshalb ernähren sich die Fische von den Hautschuppen der Badegäste. Das soll angeblich Krank­heiten wie Psoriasis und Atopische Derma­titis (Hautent­zündung) abheilen.

Ob diese bemer­kens­werte Behandlung auch außerhalb von Kangals heißen Quellen in der Türkei wirkt, ist unbekannt. Da es viel unwis­sen­schaft­liche und irrefüh­rende Bezeich­nungen für diese Art von Therapie gegeben hat, schlagen wir die Bezeichnung „Ichthyo-Therapie“ vor. Das stimmt mit anderen so genannten Bio-Therapien überein, wie z.B. die Maden-Therapie (sterilen Fliegen­larven), Hirudo-Therapie (Blutegel) und Apit- Therapie (Bienengift).

In dieser Studie unter­suchten wir, wie wirksam und wie sicher eine Ichthyo-Therapie bei Patienten mit Psoriasis ist, wenn sie mit kurzfris­tiger UVA-Strahlung kombi­niert wird. Die Behandlung fand in einer ambulanten Behand­lungs­ein­richtung statt.

Patienten und Methoden

Patienten

Wir analy­sierten 67 Patienten mit der Diagnose Psoriasis. Sie haben sich einer dreiwö­chigen Ichthyo-Therapie unter­zogen, kombi­niert mit einer kurzen UVA-Sonnenbett- Behandlung. Die Studie fand zwischen 2002 und 2004 in einer ambulanten Behand­lungs­ein­richtung in Nieder­ös­ter­reich statt. Alle Patienten litten unter einer gemäßigten bis schweren chroni­schen Plaque-Psoriasis. Die Patienten hatten sich selbst an die Behand­lungs­ein­richtung gewendet, um ihre Symptome los zu werden. Die Kosten dieser Behandlung wurden nicht von der Kranken­ver­si­cherung der Patienten übernommen. Alle Patienten waren über die Studie infor­miert und hatten schriftlich zugestimmt, daran teilzu­nehmen. Sie wurden während der Behandlung ständig medizi­nisch überwacht.

Behandlungsdetails

Die Behandlung dauerte 3 Wochen. Ein tägliches, zweistün­diges „Fischbad“ wurde in einer Badewanne bei angenehm warmer Tempe­ratur (36–37°C) genommen. Bestrahlt wurden Patienten, die keine Kontra-Indikation zur UV-Bestrahlung hatten (wenn über UV- verur­sachten Hautkrebs berichtet wurde). Das Stand­gerät, das verwendet wurde, war ein handels­üb­licher Schnell­bräuner (Cyclone 60 mit 60 Cosmolux VHR160 Lampen, CMC Sun Capsule USA). Nach jedem „Fischbad“ wurde zwischen 3–5 Minuten bestrahlt, abhängig vom Hauttyp. Nach der UV-Bestrahlung trugen die Patienten eine Haut-Lotion auf (Apotheke Neunkirchen, Öster­reich). Dieses Pflege­mittel enthielt Glycerin enthalten, Butyro­spermum parkii (Shea-Butter) und Aloe Vera Extrakt. Wenn die Psoriasis auch den Kopf befallen hatte, wurde der Kopf des Patienten vor Behandlung rasiert.

Behandlungs-Wannen

Die Behand­lungs­wannen waren aus nahrungs­mittel-sicherem Plastik (Chemo®, Weinstadt, Deutschland). Sie hatten eine Kapazität von 1.100 l und wurden zu 80 % gefüllt. Zwischen 250 und 400 Fischen wurden, abhängig von der Größe und der Inten­sität der Hautver­let­zungen verwendet. Die Badewannen waren ausge­rüstet mit einem durch­dachten Süßwas­ser­system, deren techni­schen Details an anderer Stelle veröf­fent­licht werden. Das Wasser in den Wannen wurde ständig gefiltert und entkeimt durch eine Filter­pumpe (700 Liter pro h) und eine UVC Wasser-Steri­li­sa­tions-Vorrichtung. Es wurde gleich­zeitig mit Sauer­stoff angerei­chert. Das Wasser wurde komplett 3–4 Mal pro Tag komplett ausge­tauscht. Ein Thermostat sorgte für eine angenehme Wasser­tem­pe­ratur zwischen 36 und 37°C.

Die Fische, die für die Behandlung verwendet wurden, kamen aus einer angren­zenden Zucht­anlage. Sie waren zwischen 5 bis 10 Zenti­meter lang und durch­schnittlich 1,5 Jahre alt. Im Gegensatz zu Kangal, wo sie infolge der hohen Tempe­ra­turen der Quelle kaum Nährstoffe finden, wurden die Fische hier mit handels­üb­licher Fisch­nahrung ernährt (TetraMin®, Tetra- GmbH, Melle, Deutschland). Sie wurden täglich, nach der Behandlung gefüttert. Jeden Monat wurde das Wasser auf Bakterien (Legio­nella) und Keime (Pseudo­monas aeruginosa) kontrol­liert. Die Fische wurden ständig auf Krank­heiten unter­sucht, um jedes Risiko einer möglichen Infektion auszu­schließen. Da den Fischen nur handels­üb­liche Fisch­nahrung gegeben wurde, bestand auch nicht die Gefahr von Fischbandwürmern.

Jedem Patienten wurde während der dreiwö­chigen Behandlung seine eigene Badewanne zugeteilt. Keine zwei Patienten teilten sich während dieser Periode die gleiche Wanne. Nach der drei Wochen Behand­lungszeit wurde jede Wanne zusammen mit der techni­schen Ausrüstung desinfiziert.

Einschätzung

Klinische Einschätzung

Wie gut diese Therapie wirkt, sollte im Wesent­lichen daran gemessen werden, ob der PASI (Psoriasis Area Severity Index ) zurück­ge­gangen ist . Wie viel Patienten weisen in der dritten Woche eine 50 %-ige bzw. 75 %-ige Verbes­serung des PASI- Werts auf?

Der PASI ist ein Wert, den der Arzt bestimmt, um festzu­stellen, wie wirksam eine klinische Studie ist. Dieses Verfahren ist von der US Food and Drug Adminis­tration anerkannt. Für die Festlegung des PASI werden verschiedene Dinge unter­schiedlich gewichtet: der Umfang der befal­lenen Hautober­fläche, die Inten­sität der Entzündung (Rötung), die Art der Schuppung und die Härte des Schup­pen­belags (Plaques). PASI-75 wird gegen­wärtig als optimaler End-Zustand bei einem klini­schen Versuch anerkannt. PASI-50 wird ebenfalls als ein klinisch bedeu­tender Endpunkt in der Behandlung von Psoriasis angesehen. Bei unserer Studie wurde der PASI festgelegt aufgrund hoch auflö­sender digitaler Farbfotos, aufge­nommen vor oder gleich am Beginn der Behandlung und am Ende der dritten Woche Behandlungswoche.

Zusätzlich wurden die Patienten danach einge­teilt, wie gut sie auf die Behandlung angesprochen haben:

  • Vollstän­diges Ansprechen auf die Therapie bei >95 %-iger Verbes­serung des PASI.
  • Gutes oder deutliches Ansprechen auf die Therapie bei 75 – 94 %-iger Verbes­serung des PASI.
  • Moderates, sicht­bares Ansprechen auf die Therapie bei 50 – 74 %-iger Verbes­serung des PASI.
  • Gering­fü­giges Ansprechen auf die Therapie bei bis zu 25 %-iger Verbes­serung des PASI.
  • Kein Ansprechen auf die Therapie bei weniger als 25 %-iger Verbes­serung des PASI.

Resultate aus Sicht der Patienten

Die persön­liche Einschätzung der Patienten wurde über einen Frage­bogen erfasst, der sofort nach der dreiwö­chigen Behandlung ausge­füllt werden musste. Im März 2005 erhielten alle Patienten einen Anschluss­fra­ge­bogens. Darin wurden sie gefragt, wie lange sie erschei­nungsfrei waren, wie viel verschiedene Behand­lungen (Kuren) sie vor der Ichthyo-Therapie gemacht hatten, wie schwer ein möglicher Rückfall ausge­fallen ist und wie zufrieden sie persönlich mit der Ichthyo-Therapie im Vergleich zu vorher­ge­henden Behand­lungen waren. An diesem Punkt lief die Zeit für die Studie ab, bei den Befragten der Thera­pie­ab­schluss zwischen drei Monaten fast drei Jahren zurücklag.

Sicherheit Auswertung

Die Sicherheit und die Verträg­lichkeit der Therapie wurden dadurch gewähr­leistet, dass man die Patienten wöchent­liche körperlich untersuchte.

Resultate

Eigenschaften der Patienten

67 Patienten, 39 männliche und 28 weibliche, betei­ligten sich an dieser Studie. Alle 67 Patienten führten die dreiwö­chige Behandlung durch. Sie waren zwischen 10 und 75 Jahre alt (Mittelwert: 41 Jahre). Durch­schnittlich litten die Patienten seit 13,9 Jahren an Psoriasis (zwischen 1 und 35 Jahre lang).

Wirksamkeit der Behandlung

Vom Arzt festgestellte Resultate

Am Ende der dreiwö­chigen Behandlung erreichten 31 der 67 Patienten (46,3 %) den PASI-75 und 30 weitere Patienten (44,8 %) den PASI-50. Vollständig sprachen 3 Patienten (4,5 %) auf die Therapie an, gut oder deutlich waren die Resultate bei 29 (43,3 %), moderate, d.h. sichtbare Verbes­se­rungen gab es bei ebenfalls 29 Patienten (43,3 %) und nur bei 6 Patienten (8,9 %) waren die Wirkungen gering­fügig. Kein Patient reagierte überhaupt nicht auf die Therapie.

Vom Patienten festgestellte Resultate

In einem kurzen Frage­bogen, der sofort nach den 3 Wochen der Behandlung ausge­geben wurde, berich­teten die Patienten darüber, wie zufrieden sie mit der Behandlung waren. Von den 67 Anschluss­fra­ge­bögen, die den Patienten im März 2005 geschickt wurden, waren 3 nicht zustellbar. Vierzig Frage­bögen (60 %) wurden zurückgeschickt.

Durch­schnittlich war die Behandlung seit 21,8 Monaten abgeschlossen. Berichtet wurde erschei­nungs­freien Zeiten zwischen 1 und 30 Monaten, im Mittel 8,58 Monate. Zwei Patienten (5,1 %) hatten noch keinen Rückschlag, als der zweite Frage­bogen beant­wortet werden musste. Bei diesen beiden Patienten war die Therapie seit 12 bezie­hungs­weise seit 26 Monaten abgeschlossen.

Im Durch­schnitt hatten die Patienten vorher fünf (5 ± 3) andere Therapien auspro­biert. Die Angaben schwankten zwischen 0 und 12. Verglichen mit anderen Therapien meinten

87,5 % der Patienten, dass die Ichthyo-Therapie bei ihnen ein besseres Ergebnis gebracht hat. 65,1 % gab an, dass nach dem Rückfall ihre Symptome weniger schwer waren, als früher.

Sicherheit Auswertung, Nebenwirkungen

Während der Behandlung wurden keine ernst­haften Neben­wir­kungen beobachtet. Ein Patient mit einem Ekzem berichtete darüber, dass geöffnete verkrustete Verlet­zungen vorüber­gehend geblutet hätten. Zwei weitere Patienten UV klagten über Hautrei­zungen (Erythema) aufgrund der UV-Bestrahlung. Während der Studie wurden keine klinisch bedeu­tenden Neben­wir­kungen beobachtet. Die Ichthyo-Therapie kombi­niert mit UVA – Bestrahlung wurde im Allge­meinen gut vertragen.

Diskussion

Diese zurück­bli­ckende Studie zeigt, dass Ichthyo-Therapie in Verbindung mit kurzfris­tiger UVA Strahlung eine wirkungs­volle und sichere Behandlung bei der Psoriasis vulgaris ist. Nach einer dreiwö­chigen Wochen Behandlung mit dem „Doktor­fisch von Kangal“ Garra rufa erreichten 46,3 % der 67 Patienten den PASI-75 und weitere 44,8 % mindestens den PASI-50.

Es ist allgemein anerkannt, dass eine Verbes­serung des PASI – Wertes um 75 % ein erfolg­reicher Endpunkt für klinische Versuche ist. Es ist deutlich nachge­wiesen, dass eine 50 %-ige Verbes­serung des PASI – Wertes die Lebens­qua­lität der Patienten verbessert. Diese Ergeb­nisse werden durch die Resultate des Frage­bogens bestätigt, der von den Patienten sofort nach der Behandlung ausge­füllt wurde.

Anschlussbefragung

Die Resultate der Anschluss­be­fragung zeigen, dass die meisten Patienten mit der Ichthyo- Therapie zufrie­dener als mit jeder anderen vorher auspro­bierten Behandlung waren. Das kann zumindest teilweise auch mit der ziemlich langen Erschei­nungs­freiheit erklärt werden, die im Mittel 8,6 Monate anhielt.

Die Rücklauf­quote der Antworten ist zwar vergleichbar mit denen anderer per Post verschickter Frage­bogen-Aktionen. Jedoch darf man nicht ausschließen, dass mögli­cher­weise gerade dieje­nigen Patienten nicht geant­wortet haben, bei denen ungüns­tigere Resultate vorliegen, z.B. die einen früheren Rückfall hatten. Sie könnten geneigt sein, nicht auf einen erneuten Frage­bogen zu reagieren.

Kombination mit UV-Strahlung

In dieser Studie wurde auch nachge­wiesen, dass eine Ichthyo-Therapie, kombi­niert mit UVA – Bestrahlung, im Allge­meinen gut vertragen wird. In unserer Studie waren es lediglich drei Patienten, die geringe Neben­wir­kungen bei sich beobachtet hatten. Zwei dieser drei Patienten bekamen nach der UVA – Behandlung Hautrötungen.

Bisher wurde allgemein vor längeren und häufi­geren UVA – Behand­lungen gewarnt, weil ein Hautkrebs-Risiko und Verän­de­rungen der Haut nicht auszu­schließen seien. Eine neue Studie weist darauf hin, dass vor allem UVB -, aber nicht UVA – Strahlung Melanome verur­sachen kann. Trotzdem schlagen wir vor, zu unter­suchen, wie Ichthyo-Therapie in Kombi­nation mit Breitband-UVB und Schmalband-UVB wirkt.

Möglichliche Wirkungsmechanismen

Es gibt verschiedene Erklä­rungs­ver­suche, weshalb die Ichthyo-Therapie in der Türkei wirkt. Zum einen ist es der körper­liche Kontakt mit dem Fisch: Er knabbert an der schup­pigen Haut und sorgt dafür, dass die Schuppen schnell verschwinden. Dieses Phänomen wurde durch­gehend auch bei unseren Patienten beobachtet. Sie berich­teten uns über eine angenehme Mikro-Massage, während der Fisch an ihrer Haut nagt. Es scheint, dass der Fisch erkrankte Hautre­gionen gegenüber gesunden bevorzugt. Vielleicht es ist nur einfacher, an dieser Oberfläche zu nagen.

Ein anderer Grund für die Wirksamkeit dieser Therapie in der Türkei liegt in der natür­lichen UV-Strahlung, wie sie in der Höhe (1650 m) des Badekur­ortes Kangal vorzu­finden ist. Photo-Therapie ist eine anerkannte Behand­lungs­option für Patienten mit einer Psoriasis, die über den ganzen Körper verteilt ist. Klima-Therapie gilt als die einfachste Form der Behandlung. Dadurch, dass die Fische gleich­zeitig die Schuppung verringern, gelangen die UV-Strahlen leichter in die Lederhaut. Das wäre auch eine Erklärung dafür, dass eine kombi­nierte Ichthyo- und UVA-Therapie bessere Resultate erzielt, als die alleinige Behandlung auf der UVA-Sonnenliege.

Eine dritte vorge­schlagene Erklärung, weshalb die Ichthyo-Therapie in Kangal wirkt, begründet das mit dem hohen Anteil von Selen (1,3 mg pro Liter‑1) im heißen Quellen­wasser. Ozcelik und andere argumen­tieren, dass Selen ein wichtiger Faktor zum Behand­lungs­erfolg in Kangal sei. Das Wassers, das in unserer Studie benutzt wurde, hatte nur eine Selen­kon­zen­tration von <5 μg I‑1. ‚Folglich ist es unwahr­scheinlich, dass Selen zur Wirksamkeit einer Ichthyo-Therapie beiträgt, wie sie in der vorlie­genden Unter­su­chung beobachtet werden konnte.

Als vierte Erklä­rungs­mög­lichkeit, ebenso vorge­schlagen von Ozcelik und anderen, wird ein „umgekehrter Koebner-Effekt“ vermutet. Dieses Phänomen wird beobachtet, wenn ein mit Psoriasis befal­lener Bereich langsam abheilt. Es hat sich jedoch gezeigt, dass die Zerstörung der Hauter­he­bungen innerhalb des betrof­fenen Gewebes die Schlüs­sel­rolle spielt, um zu verhindern, dass sich die Zellen in der psoria­ti­schen Oberhaut weiter vermehren. Folglich scheint es unwahr­scheinlich, dass ein „umgekehrter Koebner – Effekt“ zur beobach­teten Wirksamkeit der Ichthyo-Therapie beiträgt.

Schließlich werden psycho­lo­gische Faktoren wie Stress als verur­sa­chend oder verschlim­mernd bei Psoriasis angesehen. So könnte das zweistündige, tägliche Fischbad, das die meisten Patienten als angenehm und entspannend empfunden haben, zum beobach­teten Behand­lungs­effekt beigetragen haben. Es verrin­gerte den Stress der Patienten und erhöhte ihr psycho­lo­gi­sches Wohlbefinden.

Behandlung-Protokoll

Es gab zwei wichtige Unter­schiede zwischen unser Studie und der Unter­su­chung von Ozcelik und anderen:
Zum einen blieben in unserer Studie die Patienten nur zwei Stunden pro Tag in der Behand­lungs­wanne. Der durch­schnitt­liche Aufenthalt in den Pools von Kangal dagegen betrug 7,4 Stunden ± 1,1 pro Tag. Diese verkürzte Behand­lungszeit machte die Ichthyo- Therapie annehm­barer für die Patienten. Gleich­zeitig fiel es ihnen leichter, die Anwei­sungen des Arztes zu befolgen (compliance).

Zum zweiten wurde jedem Patienten eine persön­liche Badewanne zugeteilt, und die Fische hatten nur Kontakt mit einem einzelnen Patienten. In den Pools der heißen Quelle von Kangal nehmen die Patienten ihr Bad mit 10 – 20 anderen Patienten gleich­zeitig, wie Grass­berger persönlich beobachtet hat. Diese Methode könnte für einige Patienten nicht annehmbar sein, und ein mögliches hygie­ni­sches Risiko kann nicht völlig ausge­schlossen werden.

Es ist offen­sichtlich, dass viele Fragen unbeant­wortet bleiben hinsichtlich der optimalen Bericht­erstattung über die Ichthyo-Therapie. In Erman­gelung weiter­füh­render Studien empfehlen wir, das vorlie­gende Protokoll als Anleitung zu verwenden.

Zusammenfassung

Die vorlie­gende Unter­su­chung ist nur begrenzt aussa­ge­fähig, weil nur eine verhält­nis­mäßig kleine Zahl von Patienten behandelt werden konnte und es keine Kontroll­gruppe gab. Rando­mi­sierte Studien sind notwendig, um die Ichthyo-Therapie mit anderen Behand­lungen zu vergleichen, z.B. Wasser mit der UV-Therapie allein. Es ist erfor­derlich, die Behandlung außerdem zu bewerten anhand von standar­di­sierten, gesund­heits­be­zo­genen Frage­bögen zur Lebensqualität.

Zusam­men­fassend ist festzu­stellen, dass die Ichthyo-Therapie aufgrund des beobach­teten Nutzens zusammen mit dem vorteil­haften Sicher­heits­profil und kombi­niert mit einer kurzen UVA – Behandlung eine entwick­lungs­fähige Behand­lungs­option für Patienten mit Psoriasis vulgaris ist. Aber es sind weitere, kontrol­lierte Studien nötig, um die Wirksamkeit dieser unüblichen Behand­lungs­me­thode endgültig zu bewerten.

Übersetzung von Passagen des engli­schen Origi­nal­textes durch das Psoriasis-Netz. Veröf­fent­li­chung mit Erlaubnis von Dr. M. Grass­berger, Wien

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