MEDIFISCH

Amtliche Bekanntmachung: Ichtyotherapie mit Kangalfischen

“Nieders. Landesamt für Verbrau­cher­schutz und Lebens­mit­tel­si­cherheit • Postfach 39 49 • 26029 Oldenburg

Senats­ver­waltung für Gesundheit, Umwelt und Verbrau- cherschutz z. Hd. Herrn Dr. T. Nöldner Brückenstr. 6

Nieder­säch­si­sches Landesamt für Verbrau­cher­schutz und Lebensmittelsicherheit

Bearbeitet von Herrn Dr. Kleingeld

T elefax 0511 120‑8980

E‑Mail Dirk.Kleingeld@laves.niedersachsen.de

Durchwahl Hannover 0511 120‑8924 23.12.2010

10179 Berlin Ihr Zeichen, Ihre Nachricht vom

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Nachrichtlich: Nds. Minis­terium für Ernährung, Landwirt­schaft, Verbrau­cher­schutz und Landes­ent­wicklung Referat 204

Tierschutz bei Fischen; hier: Ichthyotherapie mit Kangalfischen

Sehr geehrter Herr Dr. Nöldner,

ich nehme Bezug auf Ihre mit dem Nds. Minis­terium für Ernährung, Landwirt­schaft, Verbrau­cher­schutz und Landes­ent­wicklung abgestimmte und per E‑Mail übermit­telte Anfrage v. 02.12.2010 zur Stellung­nahme in Bezug auf die Frage, ob der gewerb­liche Einsatz von Kangal­fi­schen (Garra rufa) zu Wellness­zwecken o. ä. mit den Grund­sätzen des Tierschutzes vereinbar sein kann. Ferner baten Sie um tierschutz­fach­liche Beurtei- lung zum Fragen­komplex unter welchen Bedin­gungen die Tiere zu halten bzw. zu The- rapie­zwecken einzu­setzen sind, um den Anfor­de­rungen des TierSchG Rechnung zu tragen.

1. Hinter­grund

1.1 Durch­führung der Ichth­yo­the­rapie und Haltung der Fische dabei

Der thera­peu­tische Einsatz von Kangal­fi­schen wird in Mittel­europa von verschie­denen Thera­pie­zentren unter­schiedlich gehandhabt. Meist werden die Fische nach einer defi- niert und verschieden langen Quaran­tä­ne­phase im Anschluss an die Therapie eines Patienten (bei dem die Fische wiederholt einge­setzt wurden) zur Therapie eines ande- ren Patienten einge­setzt. Alter­nativ dazu werden die Fische anderenorts nur für die The-

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Zerti­fi­zierung im Geltungs­be­reich Gesund­heit­licher Verbraucherschutz:

Beratungen, Zulas­sungen, Kontrollen, Unter­su­chungen, Sonder­auf­ga­ben­rapie eines indivi­du­ellen Patienten einge­setzt und nach Abschluss dessen Behandlung getötet, um jegliches Risiko der mikro­bio­lo­gi­schen Übertragung von Krank­heits­er­regern von Patient zu Patient durch die Fische auszuschließen.

Die Fische sind zu Beginn ihres Einsatzes bei der Ichth­yo­the­rapie ca. 3 Monate alt. Ihr Wachstum orien­tiert sich an dem zur Verfügung stehenden Rauman­gebot (Aquarien- größe). Garra rufa können mehrere Jahre alt werden und dabei eine Größe von 14- 16 cm erreichen. Es gibt Hinweise darauf, dass die Tiere nicht nur aufgrund ihrer Kör- pergröße mit zuneh­mendem Alter (und zuneh­mender Größe) mehr Raum benötigen, sondern auch, um sich gegen­seitig „aus dem Weg zu gehen“, da sie eine inner­art­liche Aggres­sivät aufweisen können. Der Platz­bedarf, der auch von der Struk­tu­rierung („En- richment“) abhängen kann, limitiert den möglichen weiteren Thera­pie­einsatz der ausge- wachsenen Fische bei steigendem Alter.

Zur Haltung von Garra rufa gibt es keine rechts­ver­bind­lichen Vorgaben. Das Gutachten für die Haltung von Zierfi­schen (Süßwasser) des BMELV von 1998 macht keine konkre- ten Vorgaben zu Besatz­dichten. Die Empfehlung der TVT (1999) bezüglich der Haltung von Zierfi­schen im Zoofach­handel gibt für „Zierfische“ mit einer Gesamt­länge von über 10 cm ein Mindest­was­ser­vo­lumen von 1 Liter pro 1 cm Fisch an. Diese Angaben bezie- hen sich jedoch auf die Hälterung („vorüber­ge­hende Haltung“) und nicht auf die Haltung von Zierfischen.

Die Thera­pie­fische werden sehr unter­schiedlich gehalten. Hierbei ist eine Möglichkeit die „Vorrä­tig­haltung“ der Fische in Aquarien/Hälterungsbecken und ihr täglicher Einsatz in Thera­pie­becken. In den Thera­pie­becken herrscht eine deutlich erhöhte Besatz­dichte (bis zum Zehnfachen des dieses für Hälte­rungs­becken empfoh­lenen Wertes).

Alter­nativ dazu werden die Fische anderenorts ausschließlich in Thera­pie­becken gehal- ten. Bei dieser Haltung (ohne regel­mä­ßiges Umsetzen in Hälte­rungs­becken) leidet die Wasser­qua­lität natürlich stark unter dem erhöhten Fischbesatz.

Bei der Haltung der Fische in den Thera­pie­becken werden sie von unten beleuchtet. Es findet hier kein konti­nu­ier­licher Wasser­wechsel statt und diese Becken sind i. d. R. nicht ausgestaltet.

In anderen Zentren werden die Kangal­fi­schen in ausge­stal­te­teten Badewannen gehal- ten, wobei ein Wasser­wechsel oft erst nach 3–4 Wochen stattfindet.

1.2 Mögliches Infek­ti­ons­risiko der Patienten

Es liegen derzeit erst wenige wissen­schaft­liche Unter­su­chungen zur möglichen Übertra- gung von Bakterien, Viren und Parasiten zwischen Menschen und Kangal­fi­schen im Rahmen der Ichth­yo­the­rapie vor.

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Bei Wasser­tem­pe­ra­turen von über 25 bis 30°C können Fische Bakterien von ho- moithermen Tieren und Menschen aufnehmen. Diese können v. a. im Magen-Darm- Kanal der Fische wochenlang persis­tieren und mit deren Faeces auch wieder ausge- schieden werden. Es handelt sich dabei um verschie­denste Entero­bak­terien, wie z. B E. coli oder Salmo­nella spp., die nicht zur normalen Keimflora der Fische gehören. Die Ichth­yo­the­rapie ist aufgrund dieses möglichen wochen­langen Persi­s­ierens der bakteriel- len Erreger kritisch zu bewerten. Eine Quaran­tä­nezeit von 10 Tagen zwischen den The- rapie­ein­sätzen der Fische bei verschie­denen Patienten, wie sie mancherorts gehand- habt wird, erscheint vor diesem Hinter­grund zu wenig.

Da es beim Abknabbern der Hauschuppen durch die Fische teilweise zum Austritt von Blut aus den betrof­fenen Hautstellen der Patienten kommt, wird ebenfalls eine mögliche Gefahr der Übertragung von HI- und /oder Hepatitis-Viren via Fisch auf andere Men- schen disku­tiert (Hoffmann 2002).

Die passive Übertragung verschie­denster Keime (Bakterien, Viren, Pilze) von einem Menschen auf den anderen durch die Kangal­fische als lebende Vektoren ist ebenfalls zu bedenken. Auch das Infek­ti­ons­risiko mit Zoono­se­er­regern wie z.B. Edward­siella spp. muss bei der Ichth­yo­the­rapie kritisch hinter­fragt werden. Ich weise in diesem Zusam- menhang weiterhin aus fisch­ge­sund­heit­licher Sicht v. a. auf Mykobak­terien aber auch auf andere Erreger wie z. B. Vibrionen, Edward­siella tarda, Aeromonas hydro­phila u. a. hin, die über ein gewisses zoono­ti­sches Potenzial verfügen.

Unumstritten ist das Risiko der Infektion des Menschen mit Mykobakterien.

Aquatische Mykobak­terien, die Erreger der sogen. Fisch­tu­ber­kulose („Schwimm­badgra- nulom“), gelten als zoono­tische Erreger. Sie kommen ubiquitär vor und können u. U. auch im Fisch­futter nachge­wiesen werden. Sowohl aufgrund ihres ubiqui­tären Vorkom- mens als auch aufgrund oft latent verlau­fender Infek­tionen der Fische ist eine effektive Kontrolle der Tiere auf das Freisein von Mykobak­terien unter Praxis­be­din­gungen kaum möglich (Hoffmann 2002).

Die Fisch­tu­ber­kulose / Mykobak­te­riose ist bei Fischen aus tropi­schen und subtro­pi­schen Klima­zonen bzw. aus warmen Gewässern (so auch Garra rufa) eine häufige bakte­rielle Infektion und kommt auch bei Kangal­fi­schen vor. Sie ist bei Fischen eine typische Fakto- rener­krankung und bricht häufig erst aus, wenn im Aquarium ungünstige Bedin­gungen herrschen.

Aquatische Mykobak­terien können auch bei gesunden, immun­kom­pe­tenten jedoch prä- dispo­nierten Menschen Hautver­än­de­rungen verur­sachen („Schwimm­bad­gra­nulom“). Bei immun­sup­p­ri­mierten Menschen kann eine Mykobak­te­ri­en­in­fektion sogar eine systemi- sche Granu­lom­b­ildung induzieren. Vorhandene Hautlä­sionen sind bei der Infektion von

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Menschen die Eintritts­pforte der Mykobak­terien. Da sich Hauter­kran­kungen (so auch Psoriasis und Neuro­der­mitis) in der Regel durch Hautlä­sionen auszeichnen, sind die betrof­fenen Menschen für verschie­denste bakte­rielle Hautin­fek­tionen besonders prädis- poniert. Diese Prädis­po­sition der Hautpa­ti­enten für Hautin­fek­tionen kann bei der Ichth­yo­the­rapie noch durch den langen Aufenthalt im warmen Wasser sowie durch das aktive Anknabbern durch die Fische verstärkt (Hoffmann 2002) werden.

1.3 Indikation Ichthyotherapie

Es ist unstrittig, das die Ichth­yo­the­rapie Hauter­kran­kungen nicht heilen sondern als sympto­ma­tische Therapie lediglich deren Symptome lindern kann.

Für die Psoriasis (Schup­pen­flechte) konnte wissen­schaftlich nachge­wiesen werden, dass die kombi­nierte Ichth­yo­the­rapie zur Linderung des Krank­heits­bildes (Symptomfrei- heit) führen kann. Dabei scheint jedoch eine kombi­nierte Ichth­yo­the­rapie mit UV-Einsatz für den Behand­lungs­erfolg unerlässlich. Die Unter­su­chungen sind in Anatolien durchge- führt worden, wo auch die Kangal­fische aus natür­lichen heißen Quellen originär her- stammen. Das Quell­wasser dort zeichnet sich durch einen hohen Selen­gehalt aus, der mögli­cher­weise ebenfalls einen wichtigen positiven Einfluss auf den Behand­lungs­erfolg hat (Grass­berger u. Hoch, 2006).

So kommt auch der Öffent­liche Gesund­heits­dienst Mecklenburg Vorpommern in einer Veröf­fent­li­chung zu dem Schluss, dass die Zusam­men­setzung des Quell­wasser in der Türkei (z. B. pH, Ca, Mg, Hydro­car­bonat, Sulfat, Selen, Metal­lionen) und auch Tempera- tur, Klima und Sonnen­ein­strahlung 70–80% der Heilwirkung der dortigen Ichth­yo­the­rapie ausmacht. Den Fischen selbst werden nur 20 – 30 % der Heilwirkung zugeordnet. (Öf- fentlicher Gesund­heits­dienst Mecklenburg Vorpommern 2006) Es erscheint weiterhin eher unwahr­scheinlich, dass die klinische Heilung der Psoria­sis­pa­ti­enten durch Enzyme, die die Fische beim Beknabbern abgeben, gefördert wird, wie manche Quellen postulie- ren. Hierzu liegen jedoch ebenfalls keine wissen­schaft­lichen Unter­su­chungs­er­geb­nisse vor.

Ähnliche klinische Verbes­se­rungen durch Ichth­yo­the­rapie wie bei der Psoriasis werden auch immer wieder bei Neuro­der­mitis beschrieben. Auch der Erfolg bei dieser Erkran- kung ist nicht wissen­schaftlich nachge­wiesen. Bei weiteren Erkran­kungen, wie z. B. Ak- ne, Ekzemen oder Fußpilz gibt es ebenfalls keine gesicherten Erkennt­nisse über Thera- pieer­folge bei Einsatz von Kangalfischen.

Für die Psoriasis liegen derzeit noch keine Vergleiche zur Erfolgsrate anderer Therapie- formen mit der Ichth­yo­the­rapie vor.

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2. Stellung­nahme

Bei Ihrer Frage­stellung ist aus hiesiger Sicht die Frage, ob für den gewerb­lichen Einsatz von Kangal­fi­schen (Garra rufa) zu Wellness­zwecken o. ä. recht­fer­ti­gende vernünftige Gründe nachweisbar bestehen, von entschei­dender Bedeutung.

Nach §1 Satz 2 TierSchG darf niemand einem Tier ohne vernünf­tigen Grund Schmer- zen, Leiden oder Schäden zufügen.

Sofern der Einsatz von Kangal­fi­schen bei Menschen zu Wellness­zwecken, aus kosmeti- schen oder ähnlichen Gründen erfolgt, kann die Verwendung der Tiere aus tierschutz- recht­lichen Gründen m. E. nur vertretbar sein, wenn dieser Einsatz nicht mit Schmerzen, Leiden oder Schäden der Fische verbunden ist.

Ob Fische Schmerzen i. S. d. Definition nach Wall (1999) empfinden können, konnte bis dato wissen­schaftlich nicht sicher geklärt werden.

Es kommt im Zusam­menhang mit der Nutzung der Fische zu thera­peu­ti­schen Zwecken jedoch zwangs­läufig immer zu Stress­si­tua­tionen für die Fische. Stress­si­tua­tionen resul- tieren hierbei beispiels­weise aus dem Handling beim Umsetzen der Fische in die Be- handlungs­becken, wobei auch Verlet­zungen entstehen können. Die unter­schied­lichen Wasser­tem­pe­ra­turen in den Haltungs- und Behand­lungs­becken und die Irrita­tionen durch die in den Behand­lungs­becken befind­lichen Patienten bzw. deren Arme oder Bei- ne stellen ebenfalls Stress­fak­toren dar. Hoffmann disku­tiert sogar, dass die Patienten in den Becken von den Fischen mögli­cher­weise als poten­tielle Fress­feinde angesehen werden könnten, denen sie sich nicht durch Rückzug oder Flucht entziehen können (Hoffmann, Schreiben an Marschner 2010). Diese Befürchtung teile ich jedoch nicht unbedingt.

Auch wenn die Stress­ein­wir­kungen bei ordnungs­ge­mäßem Handling und das adäquat ruhige Verhalten der Patienten in den Behand­lungs­becken i. d. R. “lediglich” primäre und ggf. sekundäre Stress­re­ak­tionen hervor­rufen, von denen sich die Fische innerhalb einer kurzen Zeitspanne wieder erholen können (“akuter Stress”), sind auch diese als Leiden i. S. d. TierSchG zu bewerten. Auch Schäden, die beim Keschern entstehen können, wie z. B. Verlet­zungen von Schleimhaut und Kiemen sind nicht auszuschließen.

Abhängig von den Haltungs- und Behand­lungs­be­din­gungen und vom Umgang mit den Fischen können auch tertiäre Stress­re­ak­tionen hervor­ge­rufen werden. Tertiäre Stress- reaktionen sind als chroni­scher Stress i. S. d. Tierschutz­ge­setzes als erheb­liches Leiden zu bewerten.

Die Wasser­qua­lität in den Becken ist für das Wohlbe­finden der Fische von essen­ti­eller Bedeutung. Physi­ka­lische (Zusam­men­setzung des Wassers), chemische (z. B. Rück-

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stände von Kosmetika, Seifen und Parfüms) und biolo­gische (Schweiß, Talg von der mensch­lichen Haut sowie Exkre­mente der Fische selbst) Belas­tungen des Wassers führen bei den Fischen ebenfalls zu Stress. Es kann ferner nicht ausge­schlossen wer- den, dass auch die Gesundheit der Fische z. B. durch den Eintrag von Seifen‑, Desin- fekti­ons­mit­tel­rück­ständen o. ä. über die Haut der Patienten beein­trächtigt wird. Die Auf- recht­erhaltung einer adäquaten Wasser­qua­lität ist bei der Haltung der Fische unabhän- gig davon, in was für Becken (Hälte­rungs.-, Therapie- oder Quaran­tä­ne­becken) die Fi- sche gehalten werden, jederzeit sicher­zu­stellen. Ob die Wasser­qua­lität in den Behand- lungs­becken der Wasser­qua­lität von Schwimm­bädern (entspre­chend der DIN 19643) genügen muss, sollte wäre hygie­ne­rechtlich zu klären.

Bei der Haltung von Garra rufa zu Thera­pie­zwecken ist m. E. in den Behand­lungsbe- cken eine deutlich höhere Besatz­dichte bis zum Zehnfa­chendes des für Hälte­rungsbe- cken empfoh­lenen Wertes (TVT 1999), wie sie zur erfolgreichen/ausreichenden Thera- pie notwendig ist, auch unter tierschutz­recht­lichen Gesichts­punkten durchaus tolerabel. Dieser Überbesatz muss vorliegen, da der Thera­pie­erfolg u. U. gefährdet wäre. Der so- genannte crowding effect, der bei erhöhter Besatz­dichte auftritt, führt zur Herab­setzung der inner­art­lichen Aggres­si­vität, so dass die Fische sich nicht gegen­seitig angreifen und verletzen. Bei Fischen muss dieser crowding effect m. E. nicht zwangs­läufig mit erhebli- chen Schmerzen, Leiden oder Schäden verbunden sein. So ist beispiels­weise die Pro- duktion von afrika­ni­schen Welsen der Spezies Clarias garie­pinus in Aquakul­tur­anlagen nur bei hohen Besatz­dichten tierschutz­fachlich vertretbar möglich. Trotz der teilweise sehr hohen Besatz­dichten zeigen die Fische bis zum Ende der Mast ein gutes Wachs- tum. Bei niedrigen Besatz­dichten kommt es zu einem terri­to­rialen Verhalten und somit zu einem ausge­prägten inner­ar­tichen Aggres­si­vität, die i. d. R. zu hohen Verlusten führt.

Natürlich muss ein Überbesatz auch mit einer stren­geren Kontrolle der Wasser­qua­lität einher­gehen, da die Wasser­qua­lität für das Wohlbe­finden der Fische von essen­ti­eller Bedeutung ist.

Eine Haltung von Kangal­fi­schen in ausge­stal­te­teten Badewannen mit einem Wasser- wechsel erst nach bis zu 4 Wochen kann zweifelsohne tierschutz­recht­liche Relevanz haben, sofern nicht über geeignete Maßnahmen (Filterung) sicher­ge­stellt ist, dass den Haltungs­an­for­de­rungen der Fische Rechnung getragen wird.

Da es sich bei dem Einsatz von Kangal­fi­schen zum Zwecke der Ichth­yo­the­rapie um ge- werbs­mä­ßiges Halten von Wirbel­tieren handelt, ist diese Tätigkeit nach § 11 Abs. 1 Nr. 3a Tierschutz­gesetz i. d. R. erlaubnispflichtig.

Aus hiesiger Sicht kann geschluss­folgert werden, dass der Einsatz der Fische aus rein kosme­ti­schen Gründen bzw. zu Wellness­zwecken mit den Grund­sätzen des TierSchG nicht zu verein­baren ist, da keine vernünf­tigen Gründe festzu­stellen sind, die das bei der

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Ichth­yo­the­rapie unver­meidbare Leiden der Fische recht­fer­tigen können. Entspre­chend kann m. E. festge­stellt werden, dass der gewerbs­mäßige Einsatz von Kangal­fi­schen zu o. g. kosme­ti­schen o. ä. Zwecken ohne medizi­nische Indikation vor dem Hinter­grund des § 1 i. V. m. § 11 Abs. 1 Nr. 3a TierSchG überhaupt nicht erlaub­nis­fähig ist.

Ich möchte in dem Zusam­menhang jedoch vorsorglich darauf hinweisen, dass auch der kosme­tische Verwen­dungs­zweck bzw. das “Wellnessziel” von einer Abwägungs­diskus- sion hinsichtlich des vernünf­tigen Grundes nicht gänzlich ausge­schlossen zu sein schei- nen.

Der Einsatz von Kangal­fi­schen zu thera­peu­ti­schen Zwecken ist jedoch anders zu bewer- ten.

Der zu erwar­tende Nutzen für den Patienten erscheint mir im Falle des Einsatzes bei der Psoriasis im Verhältnis zur zu erwar­tenden Beein­träch­tigung der Fische bzw. deren Lei- den tolerabel, da bei der Psoriasis der Heilungs­erfolg (wenn mögli­cher­weise auch nur in Kombi­nation mit UV-Licht) wissen­schaftlich nachge­wiesen ist. Dieser thera­peu­tische Erfolg der Ichth­yo­the­rapie bei Psoriasis kann m. E. als vernünf­tiger Grund nach TierSchG gewertet werden, der das Leiden der Fische bei der Ichth­yo­the­rapie recht­ferti- gen könnte.

Da für das Zufügen “einfacher” Schmerzen, Leiden oder Schäden im Rahmen der Ichth­yo­the­rapie ein vernünf­tiger Grund festge­stellt werden kann, ist die Tätigkeit aus hiesiger Sicht erlaub­nis­fähig, da die Verhält­nis­mä­ßigkeit der Leiden i. S. d. tierschutz- recht­lichen Vorschriften gegeben ist.

Es fehlen jedoch auch bei der Psoriasis, bei der der Behand­lungs­erfolg der Ichth­yothe- rapie wissen­schaftlich nachge­wiesen ist, bisher Vergleichs­studien des Behand­lungser- folges der Therapie mit Kangal­fi­schen mit anderen Therapienformen.

Da bei Neuro­der­mitis bisher keine fundierten Erkennt­nisse bezüglich des Thera­pie­erfol- ges beim Einsatz von Kangal­fi­schen existieren, erscheint auch hier die Ichth­yo­the­rapie nicht gerechtfertigt.

Nur eine Mehrfach­ver­wendung der Kangal­fische bei der Ichth­yo­the­rapie (alter­nativ zur Tötung der Fische nach Ende der Therapie eines Patienten) kann m. E. aus tierschutz- recht­lichen Gründen vertreten werden. Eine Tötung der Tiere nach Abschluss der Ichth­yo­the­rapie eines einzigen Patienten erscheint natürlich zur Minimierung der Infekti- onsri­sikos der Patienten sinnvoll, ist jedoch nicht nur im Bezug auf tierschutz­recht­liche Gesichts­punkte inakzep­tabel sondern auch gesell­schafts­po­li­tisch äußerst kritisch zu hinter­fragen. Aus Sicht des Tierschutzes erscheint daher der Einsatz der Fische zur Therapie eines einzelnen Patienten mit anschlie­ßender Tötung keines­falls gerecht­fertigt. Auch ist der Verbleib der zur Therapie einge­setzten Fische zu hinter­fragen, wenn sie die

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den Thera­pie­einsatz limitie­rende „kritische Größe“ (s. o.) erreicht bzw. überschritten ha- ben.

Zur Sicher­stellung, dass den Fischen im Rahmen der Therapie keine erheb­lichen Schmerzen, Leiden oder Schäden zugefügt werden, sollte die Erlaubnis nach § 11 Abs. 1 Nr. 3 zum gewerbs­mä­ßigen Einsatz von Kangal­fi­schen an Bedin­gungen und Auf- lagen (§ 11 Abs. 2a) gebunden sein.

Die Ichth­yo­the­rapie muss m. E. nicht nur tierschutz­rechtlich sondern auch human­hygie- nisch vertretbar sein. Sowohl eine Infektion der Patienten mit zoono­ti­schen Erregern als auch die passive Übertragung human­pa­tho­gener Erreger von Patient zu Patient muss ausge­schlossen werden. Es bedarf in diesem Zusam­menhang unbedingt der Risikobe- wertung unter Einbe­ziehung von Gesund­heits­be­hörden und weiteren Sachgut­achtern. So sollte die Auffassung der zustän­digen Gesund­heits­be­hörde zur weiteren Abschät- zung des Infek­ti­ons­ri­siken der Patienten bei der Ichth­yo­the­rapie bei der Entschei­dungs- findung bezüglich der Erlaub­nis­er­teilung gemäß TierSchG § 11 Abs.1 Satz 1 Nr. 3a m. E. auf jeden Fall mit einbe­zogen werden. Es wäre sogar auf eine Grund­satz­entschei- dung der zuständige Bundes­ge­sund­heits­be­hörde zu drängen.

Aus verschie­densten Blick­punkten (Tierschutz, (human-) Infek­ti­ons­me­dizin) scheint es mir angebracht, die gleich­zeitige Behandlung mehrerer Patienten zu unter­sagen. Auch dieses sollte jedoch durch Gesund­heits­be­hörden und Gutachter verifi­ziert werden.

Zurzeit werden Garra rufa frei und ohne Restrik­tionen sogar im Internet gehandelt. Der gewerbs­mäßige Handel ist m. E. ebenfalls erlaub­nis­pflichtig nach § 11 Abs. 1 Nr. 3a und b TierSchG. Beim Handel mit Kangal­fi­schen wäre in diesem Zusam­menhang zu ent- scheiden, ob die zu Thera­pie­zwecken gezüch­teten und dafür einge­setzten lebenden Fische als Medizin­pro­dukte oder als Arznei­mittel (wie Blutegel oder Fliegen­maden) an- zusehen sind. Ggf. fielen die Fische dann unter die Arznei­mit­tel­über­wa­chung und der freie Handel würde somit stark einge­schränkt und kontrol­liert werden müssen.

Die Verifi­zierung des bei den Fischen im Rahmen der Ichth­yo­the­rapie entste­henden chroni­schen Stresses durch patho­lo­gisch-anato­mische Unter­su­chungen bei der Sektion der Fische nach Abschluss unter­schiedlich langer und unter­schiedlich vieler Therapie- phasen wäre als weiter­füh­rende Unter­su­chung interessant.

Weitere Unter­su­chungen zu Alter­na­tiv­me­thoden zur Ichth­yo­the­rapie ohne den Einsatz von Tieren und ohne das damit verbundene unver­meidbare Aussetzen der Tiere von Stress sowie Vergleichs­un­ter­su­chungen sind weiterhin zu unterstützen.

Im Rahmen der Erlaub­nis­er­teilung wären konkrete Vorgaben sowohl für die Haltung der Fische als auch für die Behand­lungs­phasen (Dauer/Ruhezeiten) und die Festlegung zu dokumen­tie­render Fakten zur Sicher­stellung geeig­neter Haltungs­be­din­gungen der Fi-

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sche unerlässlich. Aus hiesiger Sicht erscheinen folgende, an die Erlaub­nis­er­teilung ge- bundenen Auflagen und Bedin­gungen im Sinne des Tierschutzes bei der Ichth­yo­thera- pie sinnvoll:

Mögliche Bedin­gungen und Auflagen

Selbst­ver­standlich bedarf es zur Erlaub­nis­er­teilung des Nachweises der Kennt­nisse und Fähig­keiten der verant­wort­lichen Person.

1. Aufklärung

Aufgrund des bisher nicht genauer abzuschät­zenden Infek­ti­ons­ri­sikos der Patienten bei der Ichth­yo­the­rapie erscheint eine umfas­sende Aufklärung der Patienten über alle be- kannten möglichen Infek­ti­ons­ri­siken, die mit der Ichth­yo­the­rapie verbunden sein können, angezeigt.

Aus Gründen des Tierschutzes sollten die Patienten weiterhin über Kangal­fische bzw. deren Bedürf­nisse aufge­klärt werden. So erscheint es mir aus Gründen des Tierschut- zes notwendig, dass jedem Patienten bewusst ist, dass er/sie die Fische durch die eige- nen Bewegungen im Thera­piebad stresst. Diese Stress­be­lastung muss dadurch mög- lichst stark reduziert werden, dass die Patienten sich möglichst ruhig (inmotil) zu verhal- ten haben.

Sinnvol­ler­weise sollte sich der Therapeut aufklä­rende Unter­lagen vom Patienten als zur Kenntnis genommen unter­zeichnen lassen und mit den anderen Dokumenten (s. u.), die mit dem gewerb­lichen Halten der Kangal­fische zusam­men­hängen, aufbewahren.

2. Dokumen­ta­tions- und Meldepflichten

Die Erlaubnis der gewerb­lichen Haltung von Garra rufa sollte an eine Melde- (z. B. bei Unregel­mä­ßig­keiten wie erhöhte Sterbe­raten der Fische o. ä.) und Dokumen­ta­tions- pflicht (z. B. Führen eines Bestands­buches) sowie an vorge­schriebene regel­mäßige Kontrollen der Tiere durch (möglichst unabhängige) Experten gebunden sein.

3. Durch­führung der Ichthyotherapie

Feste Rahmen­be­din­gungen (z. B. die wie/womit sich Patienten vor den Behand­lungen waschen sollen, wie sie sich während der Behandlung verhalten müssen (s .o.) u. ä.) sollten bei der Erlaub­nis­er­teilung für die Durch­führung der Ichth­yo­the­rapie vorge­geben werden. Nur so können die bei der Durch­führung der Ichth­yo­the­rapie unver­meidbar ent- stehende Leiden der Thera­pie­fische reduziert werden. Derartige Auflagen wären z. B.

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das Vorschreiben des Verzichts der Patienten auf bestimmte Hautpfle­ge­pro­dukte im Bereich der Körper­teile, die sich im Thera­pie­becken befinden, bzw. das Minimieren de- ren Einsatzes, um die Fische nicht durch deren Abson­derung im Thera­piebad chemisch zu irritieren. Aus Sicht des Tierschutzes erscheint hierbei das Vorschreiben der Körper- wäsche mit bestimmten pH neutralen und parfüm­freien Produkten zeitlich direkt vor dem Thera­piebad am sinnvollsten.

Eine Beschränkung des Einsatzes der Fische auf z. B. ein Thera­piebad pro Tag wäre ebenfalls zur Reduktion des mit der Therapie zwangs­läufig verbun­denen Stresses an- gebracht. Diese Restriktion ist aus infek­ti­ons­hy­gie­ni­schen Gründen ohnehin angezeigt, da die Tiere immer nur denselben Patienten pro Thera­pie­einheit behandeln sollten und die Menschen bei der in Deutschland durch­ge­führten Ichth­yo­the­rapie nur einmal täglich mit ihren Fischen baden.

4. Haltungs­be­din­gungen, Besatz­dichte, Wasser­qua­lität, Kontrollen

Bei der Haltung der Fische sind deren artspe­zi­fische Anfor­de­rungen zu berück­sich­tigen. Es handelt sich bei den Kangal­fi­schen um relativ robuste Fische, die aus Fließ­wasser- regionen stammen. Sie benötigen eine Wasser­tem­pe­ratur zwischen 15°C und mehr als 30°C. Die Durch­schnitts­tem­pe­ratur des Wassers der heißen Quellen in Anatolien, wo die Fische ursprünglich herstammen, beträgt 35°C. (ZZA 2003) So sollte auch die Hal- tungs­tem­pe­ratur der Fische entspre­chend hoch – bei ca. 30°C – liegen. Weiterhin darf im Falle der Haltung in Hälte­rungs­becken zwischen der Wasser­tem­pe­ratur der Haltungs- und Behand­lungs­ein­heiten kein großer Unter­schied bestehen (je nach Durch­führung der Adapt­ation max. 2°C – 5°C Tempe­ra­tur­dif­ferenz). Bei einer Tempe­ra­tur­dif­ferenz von bis zu 2°C zwischen Therapie- und Hälte­rungs­becken ist keine spezielle Einge­wöh­nungs- phase beim Umsetzen notwendig, da der durch den Tempe­ra­tur­wechsel erzeugte Stress dann minimal ist. Bei einer größeren Tempe­ra­tur­dif­ferenz als 2°C sollte das Um- setzen an eine Gewöh­nungszeit gebunden sein.

Entspre­chend den Empfeh­lungen der Tierärzt­lichen Verei­nigung für Tierschutz e. V. (TVT, 1999) sollte die Besatz­dichte in den Haltungs­becken bei maximal 1 cm Fisch pro Liter Wasser liegen. In den Thera­pie­becken kann ein kurzfris­tiger Überbesatz u. U. tole- riert werden, wenn die Umwelt­be­din­gungen dies zulassen.

Da Garra rufa Schwarm­fische sind, die in Fließ­ge­wässern leben und sich in ihrer natürli- chen Umgebung gern im Sand eingraben, sollten ihnen auch bei der Haltung zu Thera- piezwecken Rückzugs­mög­lich­keiten zur Verfügung stehen („Umgebungs­en­richment“). So sollten die Haltungs­becken m. A. n. struk­tu­riert sein: Boden­grund und ausrei­chende Versteck­mög­lich­keiten müssen vorhanden sein.

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Bei der Haltung der Kangal­fische ausschließlich in den Behand­lungs­becken können die Bedürf­nisse der Fische, sich verstecken zu können, während der Behand­lungs­phase hinsichtlich der Struk­tu­rierung der Becken (Umgebungs­en­richment) nicht oder nur unzu- reichend berück­sichtigt werden. Hier sollte die Belastung der Tiere z. B. dadurch redu- ziert werden, dass die Behand­lungs­phase zeitlich begrenzt wird (z. B. max. 1 Woche) auch wenn die Behandlung drei Wochen dauern kann. Außerhalb der Behand­lungspha- sen sollten hygie­nisch vertretbare Versteck­mög­lich­keiten in die Thera­pie­becken einge- bracht werden. Der Wasser­qua­lität ist bei dieser Haltung besondere Beachtung zu schenken (s. u.) und daher täglich zu überprüfen und zu dokumentieren.

Die Quaran­tä­ne­becken (Haltungs­becken) müssen ausge­staltet sein und in jeglicher Hin- sicht den artspe­zi­fi­schen Bedürf­nissen der Fische entsprechen, da die Quaran­tä­nezeit auch zur Regene­ration der Fische zwischen den Thera­pie­ein­sätzen dienen soll. Die Quaran­tä­ne­becken sollten als solche gekenn­zeichnet sein.

Die bei der Haltung der Kangal­fi­schen in Hälte­rungs­becken und dem damit verbunde- nen regel­mä­ßigen Umsetzen in die Thera­pie­becken einge­setzten Kescher sollten aus möglichst schonendem Material sein, was ebenfalls vorge­schrieben sein sollte.

Weiterhin erscheint es notwendig, dass alle Becken, in denen die Fische gehalten wer- den, abgedeckt werden, da die Fische v. a. nachts gerne springen. Weiterhin sind alle Becken, in denen Garra rufa gehalten werden, täglich mind. acht Stunden lang zu be- leuchten. Thermo­meter müssen in den Becken vorhanden sein und auch die täglich ge- prüfte Wasser­tem­pe­ratur sollte dokumen­tiert werden. Weiterhin erscheint mir auch eine Dokumen­tation von durch­ge­führten Wasser­wechseln, Einsatz von Medika­menten, An- zahl veren­deter Fische und anderer Auffäl­lig­keiten im Fisch­be­stand ebenfalls ange- bracht.

Da die Wasser­qua­lität für das Wohlbe­finden der Fische von essen­ti­eller Bedeutung ist, ist sie regel­mäßig zu überprüfen. Die Kontroll­fre­quenz muss dabei abhängig von der Haltungsform und der damit verbun­denen Wasser­be­las­tung/-verschmutzung sein. So ist die mindestens einmal tägliche Überprüfung bei ausschließ­licher Haltung der Fische in den Behand­lungs­becken aufgrund der stark erhöhten Besatz­dichte unabdingbar. Auch solche Überprü­fungen und deren Ergeb­nisse sollten dokumen­tiert werden und den überwa­chenden Behörden auf Verlangen vorge­zeigt werden können. Selbst­ver­ständlich müssen die Haltungs­becken an geeignete Filter­systeme angeschlossen sein. Der ver- bindliche Anschluss der Behand­lungs­becken an Filter­an­lagen erscheint mir bei einer Aufent­halts­dauer der Fische von einem Tag und länger in den Behand­lungs­becken ebenfalls notwendig.

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Es liegt m. E. im Kompe­tenz­be­reich der zustän­digen Gesund­heits­be­hörde, weitere Vor- gaben für die Wasser­qua­lität in den Thera­pie­becken (z. B. nach DIN 19346 betreffend Wasser­qua­lität und Keimgehalt) zu machen.

Da UV-C-Klärer o. ä. lediglich den Keimgehalt des Wassers reduzieren und sich jedoch nicht auf den Keimstatus der Fische direkt auswirken, ist der Fisch­be­stand regel­mäßig tierärztlich zu unter­suchen. Diese Unter­su­chungen sollten insbe­sondere im Hinblick auf die Unbedenk­lichkeit in Bezug auf Zoono­se­er­reger erfolgen. Eine (möglichst fach-) tier- ärztliche Betreuung ist als Auflage zur Erlaub­nis­er­teilung h. E. unerlässlich.

5. Fütterung

Nach hiesiger Auffassung kann es aus tierschutz­fach­licher Sicht vertretbar sein, Garra rufa einmal täglich zurück­haltend zu füttern, solange die Fische im Thera­pie­einsatz sind. Ansonsten sind die Fische, bedarfs­ge­recht und mindestens zweimal täglich zu füttern. Satte Fische knabbern weniger Hautschuppen von den Patienten und der Thera­pieer- folg könnte bei täglich zweima­liger Fütterung gefährdet werden.

6. Quarantäne

Die Erlaubnis zu gewerbs­mä­ßigen Haltung von Kangal­fi­schen nach dem TierSchG sollte auch an feste Vorgaben für die Dauer der Quarantäne der Fische zwischen ihrem Ein- satz bei verschie­denen Patienten gebunden sein. Die Dauer der Quarantäne muss je- doch gemeinsam mit der zustän­digen Gesund­heits­be­hörde festgelegt werden.

Durch solche, an die Erlaub­nis­er­teilung gebun­denen, Bedin­gungen und Auflagen könn- ten die mit dem Thera­pie­einsatz unver­meidlich verbun­denen Schmerzen, Leiden und Schäden für die Fische m. E. minimiert werden.

Mit freund­lichen Grüßen Im Auftrag

gez. Dr. Dirk Willem Kleingeld

An der Anfer­tigung dieser Stellung­nahme hat Frau Dr. E. Politt (VetRef’n) mitgewirkt

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Literatur- und Quellenhinweise

BMELV: Gutachten für die Haltung von Zierfi­schen (Süßwasser) (1998)

Zoolo­gi­scher Zentral­an­zeiger (ZZA) 4/2003 Der „Doktor­fisch“ im Zoofach­handel Heilthe­rapie als neues Geschäftsfeld

DIN 19346

Grass­berger M. and Hoch W. (2006): Ichth­yo­the­rapie as Alter­native Treatment for Patients with Psoriasis: A Pilot Study. eCAM 2006; 3(4) 483–488

Hoffmann, Schreiben an Fr. Marschner (05.11.2010)

Hoffmann, Stellung­nahme des Instituts für Zoologie, Fische­rei­bio­logie und Fisch­krank­heiten der Tierärzt­lichen Fakultät der Univer­sität München (2002)

Kleingeld, Stellung­nahme zum Erlass des Nds. ML v. 18.09.2009

Länder­ar­beits­ge­mein­schaft Verbrau­cher­schutz (LAV) ‑Arbeits­gruppe Tierschutz- Sitzung am 26:/27.10.2010: Thema gewerb­licher Einsatz von Kangal­fi­schen in Kosme­tik­studios zu Wellnesszwecken

Öffent­licher Gesund­heits­dienst Mecklenburg Vorpommern (2006) Landesamt für Gesundheit und Soziales (LAGuS) Merkblatt: „Anwendung von Kangal-Fischen und Überwa­chung durch den Öffent­lichen Gesund- heits­dienst (GÖD) in Mecklenburg-Vorpommern“

Plange: Vermerk Tierschutz (02.09.2010) Tierschutz­recht­liche Stellung­nahme zum Antrag auf Geneh­migung der Haltung und gewerbli- chen Nutzung von sogen. Kangal-Fischen (Garra rufa) zur Therapie von Psoriasis und Neuro- dermitis / oder zur Hautpflege und Massage

Riehl, R. und Baensch, H. A. (1989) Mergus Aquarien Atlas – Band 3 Mergus Verlag Melle

TVT – Tierärzt­liche Verei­nigung für Tierschutz e. V. – (1999) Check­liste zur Überprüfung von Zierfisch­hal­tungen im Zoofach­handel, Merkblatt Nr. 37

Wall P.D. (1999): Pain: Neuro­phy­sio­lo­gical mecha­nisms: 1565–1567. In: Adelman, G. & Smith. B. (Hrsg.): Encyclo­pedia of neuro­science. Elsevier. Amsterdam”

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Quelle: http://www.thueringen.de/imperia/md/content/tmsfg/abteilung5/ref52/laves_zu_kangalfischen.pdf

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